EOS: Zeitschrift aus Baiern, zur Erheiterung und Belehrung
Nr. 52 30. Juni 1819
Die ehemalige Bergfeste Trifels.
In dem Rheinkreise, drey Stunden von Landau gegen Abend, sind nahe bey dem Städtchen Annweiler, auf drey hintereinander liegenden BergSpitzen der Vogesen, die Ruinen von verfallenen Burgen zu sehen, die von der Nachwelt, mehr als dem Namen nach , verdienen gekannt und beachtet zu werden, denn hohe Erinnerungen knüpfen sich an dieselben an; sie waren das Eigenthum einer Familie, die in Deutschlands Geschichte unvergeßlichch bleibt, – die wichtigste Feste der Kaiser des Salisch-Fränkischen und Hohenstaufischen Stammes, und auf Jahrhunderte hinaus der Verwahrungsort der Jnsignien des Reichs.
Die natürliche Lage dieser Burgen - sie erheben sich alle auf dem Haag oder SonnenBerg – noch mehr aber die Kunst der Menschen, hatte sie miteinander verbunden; sie machten Ein Ganzes, und wurden Trifels oder Dreyfels genannt. Im engeren Sinne aber verstand man unter dieser Benennung nur das hinterste Bergschloß, und die zwey vordersten trugen den nun vergessenen Namen Anebos und Scharfenberg. Von ersteren wollen wir hier einige Nachrichten und von letzteren etliche Notizen geben.
1. Trifels
Drey verschiedene Wege führten ehemals zu dieser Feste hinan. Der erste, ein schmaler Fußteig, erhob sich an den fast dachgähen Berge, und war, als der kürzere, für den Wanderer zu Fuß bestimmt. Der zweyte führte den Namen Eselssteig, und hatte seine Benennung von den Thieren erhalten, deren sich die BurgBewohner bedienten, un sich die nothwendigsten LebensMittel zutragen zu lassen. Der Dritte ging in vielen Krünmmungen Berg an, und war zum Reiten und Fahren bestimmt. Dieser letztere ist jetzt noch unten einigermaßen brauchbar, aber gegen die Höhe hin mit wildem Gebüsche verwachsen; aus ihm steigt man gewöhnlich zu diesen Ruinen der Vorzeit empor.
Auf der Anhöhe übersieht man einen großen Theil von jener BergKette, welche die frühern Bewohner der Gegend, oder vielmehr die Römer , göttlich verehrten. Vom Trifels herab glaubt man gegen Westen ein wogendes Meer zu erblicken; allenthalben erheben sich hohe BergGipfel, die nur enge und schmale Thäler von einander trennen; sie sind mit Waldungen bedeckt, aus denen hier und da kolossale Felsen ihr stolzes Haupt erheben. Alles hat ein wild-romantisehes Ansehen; die Erde scheint, von einem NährungsStoffe in die Höhe getrieben, — noch im Kampfe mit sich selbst zu seyn. Aus einigen benachbarten Bergen liegen Schlösser-, deren ödes Gemäuer jetzt ebenfalls nur die lichtscheue Eule bewohnt. In der schauervollen Tiefe entdeckt man etliche Dörfer, und zunächst das Städtchen Annweiler, dessen Einwohner das Thal und den untersten Fuß der Anhöhe urbar machten, ihn mit edeln ObstBäumen, Kastanien und Reben bepflanzten.
Gegen Osten öffnet sich ein überraschender SchauPlatz; im grellsten Wechsel ist die Scene geändert. Hier breitet sich eine fast unübersehbare Ebene aus; die Schöpfung ist in ihrer hohen Vollendung, in ihrer schönsten Gestalt. In der Ferne sieht man den Rhein in seinem stolzen Gange, auf seinen beyden Ufern, besonders aber auf dem linken, ist alles mit Städten und Döfern besäet – eine lachende Landschaft vom Segen der Natur überströmt, voll Leben und Bewegung, wie es nur wenige giebt.
Ohne den Gedanken an die dahin geschwundene Zeit läßt sich schwerlich dieser Berg besteigen. Was ist MenschenWerk, wenn das unerbittliche Schicksal seine frühere Zerstörung beschlossen hat! – Hier umgeben uns nur die Überbleibsel ehemaliger Größe. Zusammengesunken sind jene Mauern, die einst unüberwindlich waren, und an denen sonst vergebens der Krieger seine Kräfte versuchte. Ganze Stücke, noch fest zusammengekittet, sind von der steilen Anhöhe hinab gegleitet, und harren dort der späten Stunde ihrer endlichen Auflösung entgegen. In Schutt liegen die Gemächer, wo einst mächtige Fürsten und Kaiser sich zu frohen Gelagen versammelt hatten. Keine Spur mehr von jenem glänzenden MarmorSaal, dessen die Geschichte erwähnt, – reichlich hat Alles seinen Tribut an die Vergänglichkeit bezahlt.
die älteste Fotografie der Ruinen der Bergfeste Trifels, entstanden vor 1855.
https://nretualsresiak-bilder.blogspot.com/2017/04/reichsburg-trifels.html
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